Montag, 2. März 2009

Ausdehnung des Zinsbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und der EU auf Drittstaaten

Am 19. März 2008 reichte die Sozialdemokratische Fraktion des Nationalrates folgende Motion ein. Ich bin der Sprecher dafür:

Eingereichter Text

Der Bundesrat wird beauftragt:

1. den Geltungsbereich des Zinsbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und der EU auf Drittstaaten auszudehnen, insbesondere auf Entwicklungsländer;

2. eine Strategie zu erarbeiten, die festlegt, wie und mit welchen Ländern dieses Abkommen abgeschlossen werden kann, wobei die Schwerpunktländer der schweizerischen Entwicklungshilfe Priorität erhalten sollen.

Begründung

Eine grosse Anzahl Entwicklungsländer bemüht sich, die Neugestaltung ihrer Institutionen voranzutreiben und demokratische Kontrollinstrumente einzuführen. Diese Länder wollen umfassende Steuerreformen vornehmen und haben sich dem Kampf gegen die Korruption verschrieben.
Aus Entwicklungsländern fliessen beträchtliche Kapitalströme in die Schweiz und die damit verursachten Steuerausfälle übersteigen die Entwicklungshilfe vor Ort.
Der Mechanismus, der durch das Abkommen zwischen der Schweiz, und der EU eingeführt wurde, ist ein wirksames Instrument, das es Herkunftsländern von Kapital ermöglicht, einen Teil der verlorenen Steuern zurückzuerhalten und aus der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit einen realen Nutzen zu ziehen.
Derzeit brauchen Entwicklungsländer einen solchen Mechanismus und eine solche Kooperation dringender als je zuvor; sie müssen als Teil der Entwicklungszusammenarbeit angesehen werden.

Es ist nicht angebracht zu warten, bis diese Länder den Status von Industrienationen erreicht haben, bevor man mit ihnen solche Abkommen abschliesst. Zudem steht die Notwendigkeit, alle Drittstaaten als gleichwertige Partner zu behandeln, im Widerspruch mit der Idee, mit Entwicklungsländern keine solchen Abkommen abzuschliessen.



Die Frage, ob diese Staaten die Geldmenge, die sich auf ihrem Staatsgebiet befindet, ehrlich und gerecht verwalten und verteilen, darf hier keine Rolle spielen. Die Schweiz hat eigene moralische Prinzipien, die sie im Rahmen ihrer internationalen Beziehungen umsetzen muss.

Nur wenige Entwicklungsländer haben die Schweiz in diesem Bereich offiziell um Zusammenarbeit ersucht. Diese Tatsache lässt sich darauf zurückführen, dass es eine koordinierte Information mit dem Ziel, die betreffenden Staaten über die erforderlichen Verfahren in Kenntnis zu setzen, praktisch nicht gibt.

Antwort des Bundesrates vom 21.05.2008

1. Das Zinsbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (EU) vom 26. Oktober 2004 ist am 1. Juli 2005 in Kraft getreten. Es sieht Massnahmen vor, die mit denjenigen der Richtlinie 2003/48/EG im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen gleichwertig sind.
Dieses Abkommen wurde im Rahmen der sektoriellen Abkommen (bilaterale Abkommen II) ausgehandelt und ist deshalb Teil der besonderen vertraglichen Beziehungen der Schweiz mit der EU. Der Steuerrückbehalt gemäss obgenannter Richtlinie wurde von der EU entwickelt und eingeführt. Er basiert darauf, dass alle betroffenen Länder das gleiche System anwenden. Diese Voraussetzungen sind aber bei Drittländern nicht gegeben.

2. Angesichts des Hintergrundes, vor welchem das Zinsbesteuerungsabkommen zustande kam und umgesetzt wurde, hat der Bundesrat keine Strategie entwickelt, um zu definieren, auf welche Weise und mit welchen Drittstaaten ein ähnliches bilaterales Abkommen abgeschlossen werden könnte.
Das Memorandum of Understanding zum Zinsbesteuerungsabkommen sieht im Gegenteil vor, dass die EU mit anderen wichtigen Finanzzentren Gespräche aufnimmt, damit diese ähnliche Massnahmen einführen, wie sie in der EU zur Anwendung kommen. Der Bundesrat begrüsst ein solches Vorgehen. Da der Anstoss dazu von der EU ausgehen muss, ist es nicht Aufgabe der Schweiz, eine Strategie für den Abschluss ähnlicher Abkommen mit Ländern zu erarbeiten, an welche die Schweiz Entwicklungshilfe leistet. Im Übrigen hat die Schweiz bis heute keine Gesuche von anderen Staaten zwecks Abschlusses eines Zinsbesteuerungsabkommens erhalten.

3. Abschliessend ist daran zu erinnern, dass Zinszahlungen aus schweizerischen Quellen mit der Verrechnungssteuer belastet werden. Eine teilweise oder volle Rückerstattung dieser Steuer erfolgt bei Vorliegen entsprechender Doppelbesteuerungsabkommen, wenn vom Gläubiger der steuerbaren Leistung ein Rückerstattungsantrag eingereicht und vom anderen Staat bestätigt wird.
Alle Staaten, mit denen die Schweiz ein Doppelbesteuerungsabkommen unterhält, erlangen dadurch Kenntnis über Zinseinkünfte ihrer Steuerpflichtigen und können damit diese Erträge besteuern.

Erklärung des Bundesrates vom 21.05.2008
Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.

Zuständig Finanzdepartement (EFD)

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